Warum ist alles so, wie es ist, draußen, drinnen? Die Gegensätze: grausame, abgründige. Hier bitterste Armut, dort sorgenlosester Reichtum? Qualvoller Schmerz und daneben strotzende Fülle? Hier üppige Sattheit, dort tödlicher Hunger?
Gescheitheit und Dummheit – wo ist die Brücke? Hier der Brutale, dort der Sanfte. Hier der Erfolg – dort das Versagen. Der Taumel zwischen Liebe und Hass.
Hier die Freude, nein das Leid. Der tiefe Bruch zwischen anerkannt und abgelehnt. Menschen im Unvermögen, im Egoismus, im selbstischen Streben zerhauen ihre Welt in kleinste Stücke. Abgeglitten – warum, wohin?
Halt ein! Stoppe das Lamento der tausendfachen Gegensätze und versuche zu erkennen, warum das so ist. Um zu Erkenntnissen zu kommen, hast du ja die Fähigkeit des Denkens mitbekommen. Nütze es!
Dass ich lebe, fühle ich, dass ich sterben muss, weiß ich. Wir wissen es felsenfest und ignorieren diese erste Wahrheit sehr gerne! Das Sterben ist allgegenwärtig.
Wir spielen mit der Todes-Tatsache, tabuisieren sie mit schlechtem Gewissen. Fürchten wir sie, wenn wir uns die Zeit dazu nehmen, uns ernsthaft mit ihr zu befassen?
Warum diese Auflehnung gegen die Todes-Tatsache? Jeder kann beobachten, dass der Lebensdurst draußen den Tod übertüncht. Und doch: Wir gehen auf ihn zu, er ist unser ständiger Begleiter – nein. Er „Lebt“ mit uns. Wir sind lebendig im ständigen absterbenden Totenreich des organischen Stoffeslebens.
Wir bewegen uns in der Sphäre des Todes, sind unaufhörlich Kämpfer mit den Todesprozessen in uns, um uns. Das ist die Natur des Lebens mit ständigen Wachstums – und Verwesungsbewegungen.
Das Leben birgt den Tod. Wir sind durch unsere Körperlichkeit Spannungsverhältnissen zwischen Leben und Tod ausgesetzt und erfahren das Schauspiel des Werdens und Vergehens.
Machne werfen das Leben weg. Sie werden müde, erliegen falschen Versprechungen und verfallen dem Gegenteil: „mach Schluss, geh ins Nichts, verlasse die Mühsale.“
Mein Wollen geht den anderen Weg: Ich kämpfe lieber mit dem „Warum“ und erkenne anderes in der bohrenden Frage. Ich sehe die Chance in der Warum-Frage, mich bis zum letzten Atemzug zu bewähren. Jeden Tag stelle ich mich neu ins Leben. Erneuere es!
Herbert Metzger